Namibia – Dort soll künftig Wasserstoff hergestellt werden. Damit wird unter anderem der Verkehr klimafreundlicher. Das kleinste Element des Universums gilt heute als ein neuer Treiber für die Energiewende. Das gasförmige Element steckt unter anderem in fossilen Rohstoffen wie Erdöl oder Erdgas.
von Alexandra Körner
Gewonnen wird der Wasserstoff hauptsächlich durch eine Dampfreformierung von Erdgas oder kann alternativ mithilfe von Strom in einem Elektrolyseverfahren erzeugt werden. Während des Verfahrens wird Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten.
Um die Klimaneutralität in Deutschland möglichst schnell voran zu treiben, sollen nachhaltigere Energien und Wasserstoff genutzt werden. Damit Deutschland besser an die Energien kommen, ist die Regierung im vergangenen Jahr eine Partnerschaft mit Namibia eingegangen. Laut dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sollen mithilfe des Bündnisses geeignete Standorte für die Produktion von grünem Wasserstoff in Afrika gefunden werden. Das alles geschieht im Rahmen eines Potenzialatlases, der diese Orte identifiziert. Erste Berechnungen des BMBF haben gezeigt, dass Namibia über optimale Voraussetzungen für die Erzeugung von Wind- und Solarenergie verfügt. Dies gilt im gleichen Zuge auch für grünen Wasserstoff.
Grüner Wasserstoff – Was ist das?
Je nach Herstellungsart kann Wasserstoff in verschiedene Kategorien unterteilt werden.
- Grüner Wasserstoff: Bei dieser Art wird Strom im Herstellungsprozess aus zusätzlichen erneuerbaren Energien gewonnen. Laut dem Institut für angewandte Ökologie soll diese Art mittel- bis langfristig eine zentrale Rolle spielen. Problematisch dabei ist aber, dass die Stromerzeugung mithilfe erneuerbarer Energien in Deutschland noch nicht ausgereift genug ist.
- Blauer oder türkiser Wasserstoff: Bei der Herstellung des Wasserstoffs wird er aus dem Erdgas größtenteils abgetrennt und als Kohlenstoff langfristig gespeichert. Diese Herstellungsweise ist klimafreundlich und kann kurz- bis mittelfristig eingesetzt werden.
- Grauer Wasserstoff: Der Strom wird aus fossilen Energieträgern erzeugt, steigert die Treibhausgasemissionen sehr stark und ist deshalb nicht nachhaltig.
Jedoch braucht man im Vergleich etwa fünf Mal so viel Strom, den Wasserstoff herzustellen und in Wärme umzuwandeln. Das Element H2 wird unter anderem für Wasserstoffautos im Straßenverkehr genutzt. Auch im Bahn-, Schiffs- und Flugverkehr sollen die Beförderungsmittel langfristig auf Wasserstoff umsteigen. Der Industriesektor nutzte im Jahr 2020 einen Anteil von 24 Prozent. Damit liegt sie knapp vor dem Verkehrssektor. In der Zukunft soll unter anderem die Produktion von Stahl und Treibstoffen klimafreundlicher gemacht werden.
Warum wurde vorher noch kein Wasserstoff in Namibia hergestellt?
Einerseits spielen die extremen Wetterbedingungen in der Subsahara-Region eine große Rolle. Wenn das Land eine Lösung zur Meerwasserentsalzung und Wasserstoffproduktion findet, kann es damit eine Basis für den weltweiten Aufbau der Wasserstoffwirtschaft schaffen. Denn von den Erkenntnissen können auch andere Regionen des globalen Südens profitieren. Aus diesem Grund steht die Meerwasserentsalzung im Fokus der Kooperation. Andererseits fehlt für die Entwicklung einer Lösung allerdings das Geld.
Das Bundesforschungsministerium hat deshalb seinem Partnerland bis zu 40 Millionen Euro an Fördermitteln aus dem Konjunktur- und Zukunftspaket für die Zusammenarbeit zugesichert. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek sagte dazu im letzten Jahr: ,,Das Land verfügt über große, bislang ungenutzte Flächen. Die Windgeschwindigkeiten in Namibia ermöglichen eine besonders profitable Erzeugung von Windstrom.’’ Ein noch größeres Potenzial stecke allerdings in der Erzeugung von Solarstrom, da das Land über 3.500 Sonnenstunden jährlich zählt – Doppelt so viele wie in Deutschland.
,,Wir müssen jetzt handeln!“
Das Ziel der namibischen Regierung ist es, schon vor 2025 grünen Wasserstoff zu exportieren. Das ist dank der geringen Bevölkerungsdichte des Landes und einer moderaten Bevölkerungsentwicklung möglich. Dadurch kann Namibia den Eigenbedarf an erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff schnell decken und schneller zum Export übergehen. Das Ministerium geht davon aus, dass ein Kilo Wasserstoff zwischen 1,50 und 2 Euro kosten wird. Laut Karliczek wäre das ein weltweiter Spitzenwert. Es würde der deutschen Industrie nützen, da es diese großen Mengen an Wasserstoff braucht – und das möglichst zu günstigen Preisen.
Auch Obeth M.Kandjoze, Generaldirektor der namibischen Planungskommission und gleichzeitig auch Vorsitzender des Wasserstoff Vorrates, blickt positiv auf die Partnerschaft. Er freut sich, dass sich die deutsche und die namibische Regierung die Hände reichen und zusammen eine Zukunft aufbauen, die den Wünschen der beiden Völker entspricht. Die Folgen des Klimawandels hinterlassen ihre Spuren auch in Namibia. Vor allem die Dürreperioden durch die Erderwärmung stellen das Land vor große Probleme. Deshalb sagt der Generaldirektor auch: ,,Wir müssen jetzt handeln!’’ Durch die Partnerschaft können auch jungen einheimischen Wissenschaftler:innen und Ingenieure:innen Stipendien in Deutschland ermöglicht werden, um so ihre Fähigkeiten zu fördern und weiterzuentwickeln. Danach können sie wieder nach Namibia zurückkehren, dort weitere Projekten leiten und Lösungsansätze beisteuern. Das Pilotprojekt soll bereits in der zweiten Jahreshälfte von 2022 starten.
5 Fakten zu Namibia
– Namibia hat eine Fläche von 824.292 km² und ist damit zweimal so groß wie Deutschland
– Gerade einmal 2,5 Millionen Menschen zählt der südafrikanische Staat, allein 450.000 davon leben in Windhoek, der Hauptstadt Namibias
– Der Name Namibia leitet sich von Namib ab, der ältesten Wüste der Welt an der Südwestküste Afrikas.
Namib bedeutet übrigens so viel wie “große Leere” – sehr treffend, wenn man bedenkt, wie dünn besiedelt Namibia tatsächlich ist.
– Mehr als 30 Einzelsprachen und Dialekte sind in Namibia vertreten, ein Ergebnis der großen ethnischen Vielfalt des Staates
– Von 1884 bis 1915 war Namibia eine deutsche Kolonie, das ist unter anderem ein Grund dafür, dass Namibia die bislang höchsten Pro-Kopf-Zuwendungen deutscher Entwicklungshilfe weltweit erhält.