Gerechtigkeit in weltweiten Handelsbeziehungen, fairer Verkauf von Waren und das Stärken der Verbindung zwischen Ländern des globalen Südens und des globalen Nordens gehören zu den wichtigsten Zielen eines „Weltladens“.
Der „Weltladen“, auch „Worldshop“ genannt, ist ein Fachgeschäft für fairen Handel und mittlerweile in vielen Städten Deutschlands zu finden.
von Sina Hummel
In der malerischen Fußgängerzone von Idstein, einer Kleinstadt im Rheingau-Taunus-Kreis in Hessen, befindet sich der beliebte Weltladen. An diesem Morgen fließt das Sonnenlicht einladend durch die offenen Türen in den geräumigen Verkaufsraum. Hohe Regale präsentieren an allen Wänden des Geschäftes faire und meist sogar handgefertigte Produkte. Zwei Damen im Kassenbereich grüßen freundlich.
23Grad hat sich im Weltladen Idstein umgesehen und herausgefunden, was das Besondere an dem Konzept eines Weltladens ist und welche besonderen Produkte dort angeboten werden.
(Un)fairer Welthandel
Den Welthandel, den wir Menschen täglich durch unseren Konsum unterstützen, ist zum größten Teil auf ungerechten Strukturen aufgebaut:
Machtungleichheiten zwischen Handelspartner:innen, Rohstoffpreis-Dumping und Missachtung von sozialen, moralischen und ökologischen Standards. Die Preise, die Produzent:innen für Waren erhalten, decken oftmals nicht einmal die Produktionskosten. Doch existenzsichernde Löhne und ein faires Einkommen sind nicht nur in Deutschland wichtig, sondern sollten auch weltweit selbstverständlich sein.
Laut dem Dachverband der Weltläden Deutschland e.V. und dem Forum „Fairer Handel“ herrscht ein extremes Verhandlungs- und Machtungleichgewicht im globalen Handel. Dieses führt zu ungerechten Vertragskonditionen zwischen Unternehmen und den Produzent:innen der Waren – und damit zu unfairen Preisen. Große Unternehmen profitieren von Gewinnen, während die Produzent:innen in Ländern des globalen Südens um ihre Existenz kämpfen müssen.
Der Weltladen-Dachverband e.V.
Der Dachverband Weltläden Deutschland fordert seit 50 Jahren eine gerechtere Welt, in der sich unter anderem Konzerne nicht mehr nur dem eigenen Profit, sondern vor allem den Menschen und unserem Planeten in der Pflicht zeigen sollten.
Dafür bedarf es eines grundlegenden Wandels, herbeigeführt nicht nur durch unsere Gesellschaft, sondern vor allem auch durch die Wirtschaft und die Politik. Der Verband versucht Alternativen aufzuzeigen, die ein anderes Wirtschaften zeigen, und unterstützt mit seinen 450 Mitglieder:innen in Deutschland den weltweiten fairen Handel, die Zusammenarbeit von Ländern des globalen Nordens und des globalen Südens und die Vision einer gerechteren Welt. Um diesen Zielen ein Stückchen näher zu rücken, entstanden in den 1970er Jahren die ersten Weltläden in Deutschland.
Das Konzept Weltladen
Der „Weltladen“ verkauft seither Produkte aus fairem Handel, beteiligt sich an politischen Kampagnen und leistet Informations- und Bildungsarbeit. Mittlerweile gibt es deutschlandweit rund 900 Weltläden; europaweit sind es sogar knapp 2.500 Weltläden.
Die Weltläden richten ihre Arbeit nach strengen Kriterien aus. Diese Kriterien sind in der „Konvention der Weltläden“ zusammengefasst und umfassen unter anderem Regelungen zur Transparenz, Sortimentsgestaltung oder der Bildungsarbeit. Die Waren, die in Weltläden angeboten werden, bezieht der Verband von Importorganisationen, die streng auf die Einhaltung von eigenen Kriterien überprüft werden.
Das Sortiment eines Weltladens
Als Fachgeschäfte für fairen Handel führen „Weltläden“ ein breites Sortiment fair gehandelter Produkte. Diese Produkte werden in transparenten Lieferketten von Unternehmen importiert, die sich dem fairen Handel verschrieben haben.
Papiertüte der Weltläden (Quelle: Weltladen-Dachverband/A. Stehle)
Die in den Weltläden angebotenen Lebensmitteln werden durch Produzent:innen im Ursprungsland direkt verarbeitet oder durch kleine Betriebe schonend und fachgerecht zu hochwertigen Produkten weiterverarbeitet.
Neben feinen Kaffeespezialitäten, aromatischen Schokoladen, Tee und Wein bieten Weltläden auch ein Sortiment an Kunsthandwerksprodukten, modische Textilien oder Accessoires, wie zum Beispiel in Handarbeit gefertigten Schmuck, an. Da der Weltladen ausschließlich fair gehandelte Produkte anbietet, müssen Verbraucher:innen beim Einkauf im Weltladen nicht erst lange nach Siegeln suchen, die den fairen Ansatz bestätigen und ausweisen. Für fachkundige Beratung oder bei Fragen stehen außerdem ehrenamtliche Mitarbeiter:innen beim Besuch im Weltladen jederzeit zur Verfügung.
Ehrenamtliche Mitarbeiter:innen wie Antje Rentrop und Monika Hardtung aus Idstein im Rheingau-Taunus-Kreis, die seit knapp neun Jahren für den Weltladen Idstein tätig sind. Die beiden Frauen, die zweimal in der Woche unentgeltlich für einige Stunden fair gehandelte Produkte im Weltladen verkaufen, schätzen besonders die hohe Qualität des angebotenen Sortiments des Ladens.
“Wir verkaufen in unserem Weltladen faire, überwiegend vegane Lebensmittel, wie Schokolade oder Kaffee, aber auch die anderen Produkte sind etwas ganz Besonderes. Hier findet man Unikate, die von Hand hergestellt worden sind, wie unsere Taschen oder den Schmuck zum Beispiel”, sagt Antje Rentrop und führt dabei in einer einladenden Handbewegung durch den Laden in der Idsteiner Fußgängerzone. “Wir fühlen uns hier richtig wohl”, pflichtet Monika Hardtung ihrer langjährigen Kollegin bei und erläutert: “Die Menschen, die zu uns kommen, sind sehr freundlich. Und auch unsere Kollegen sind super. Sehr zuverlässig. Wir sind insgesamt zwanzig freiwillige Helfer:innen hier im Laden. Alle mit verschiedenen Nationalitäten. Die eine Kollegin kommt aus der Karibik, eine andere aus China. Auch jemand aus Russland arbeitet mit uns zusammen.”
Den Weltladen gibt es bereits seit zehn Jahren in Idstein. Vor knapp drei Jahren zog er von einem abgelegenen Shop-im-Shop-Standort, einer kleinen Ecke eines Supermarktes, in die erweiterte Fußgängerzone der Stadt. Dadurch konnte nicht nur mehr Bekanntheit, sondern sogar ein höheres Kundenaufkommen geschaffen werden. “Wir wünschen uns dennoch, dass mehr Menschen auf uns aufmerksam werden und bei uns im Weltladen einkaufen – etwas Gutes tun”, so Antje Rentrop.
Die Arbeit im Weltladen
Die entwicklungspolitische Bewegung um die Weltläden gilt als eine der größten in Deutschland. Mehr als 10.000 Menschen unterstützen die Arbeit der Weltläden und bringen ihre Leidenschaft und die eigenen Talente für mehr Gerechtigkeit im Welthandel in ihre Arbeit ein.
Die Arbeit im Weltladen besteht aus drei verschiedenen Bereichen:
- Dem Verkauf von einer breiten Auswahl an fair gehandelten Produkten als Fachgeschäft des fairen Handels.
- Die Bildungs- und Informationsarbeit zur kritischen Auseinandersetzung mit globalen Zusammenhängen. Weltläden können darüber hinaus als Lernorte mit Bildungsangeboten aufgesucht und verstanden werden.
- Die politischen Kampagnenarbeiten, die auf Missstände aufmerksam machen sollen und politische Forderungen an Entscheidungsträger:innen auf kommunaler, nationaler und EU-Ebene erheben.
Jedes Jahr im Mai organisiert der Dachverband Weltläden Deutschland e.V. außerdem den Europäische Weltladentag als politischen Aktionstag der Weltläden. Der nächste Europäische Weltladentag findet am 13. Mai 2023 statt.
Mehr Informationen rund um den „Weltladen“ und einen „Weltladen“-Finder gibt es unter: https://www.weltladen.de
[…] Weiterführende Informationen zum Weltladen-Konzept finden Sie in unserem Artikel „Der Weltladen – Für mehr Gerechtigkeit besser einkaufen“. […]